Auszug aus meinem Schriftsatz vom 31.10.2019
zum Aktenzeichen BVerwG 6 PKH 4.19 (Seite 7 f.)
Der entscheidende Punkt ist hier die „Falsch-Deklaration“ (Schriftsatz vom 09.08., S. 2[1]„Das Verbot des vermeintlichen ‚Verein[s] ‚linksunten.indymedia‘ ist eine Falsch-Deklaration des Mediums als Verein, aber kein Verbot des HerausgeberInnen-Kreises von linksunten; s. dazu bereits S. 40 des Antrages vom 09.08.2019 ans BMI.“) eines Mediumsverbotes als Vereinsverbot. Art. 19 IV 1 GG[2]„Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ schließt aus, daß jener Formenmißbrauch[3]Vgl. Helmut Goerlich, „Formenmißbrauch“ und Kompetenzverständnis, Mohr (Siebeck): Tübingen, 1987, 109: „Das Grundgesetz läßt ein beliebiges Spiel mit der Form nicht zu. […]. Er [Der Formenmißbrauch] beruht in der Regel auf einem fehlerhaften Kompetenzverständnis.“
Der Mißbrauchs-Vorwurf ist hier also – im Anschluß an Christian Pestalozza (Formenmißbrauch des Staates, Beck: München, 1973, 106) (und anders als in der [noch] älteren Literatur, die den Vorwurf des Formenmißbrauchs vor allem gegen den parlamentarischen Gesetzgeber richtete [ebd., 9 – 21]) kein Vorwurf illegitimen Verhaltens (wobei der Maßstab des Legitimen ein überpositiver war), sondern hier bloß eine umgangssprachliche Umschreibung eines „Subsumtionsvorschlages und ‑fehlschlages“ (ebd., 106) – im vorliegenden Fall, also die Aufdeckung des Fehlers, Medien unter den Begriff „Verein“ zu subsumieren: „Das Mißbrauchs-Urteil deckt den Versuch des Mißbrauchenden auf, durch Sachverhalts- oder Normauslegung eine ihm günstige Subsumtion zu erreichen, und korrigiert ihn.“ (ebd., IX) / „im Grunde [geht] es nicht um mehr als falsche Interpretation und ihre Korrektur“ (ebd., 107). (= Mißbrauch der Form „Vereinsverbot“ für ein Mediumsverbot) dazuführt, daß der Rechtsweg zur Rüge der Verletzung des – durch die Verbotsverfügung tatsächlich – verletzten Grundrechts versperrt ist.
Vielmehr ist der wirkliche Inhalt der Verbotsverfügung – hier: Medienverbot – an der wirklich einschlägigen Norm – hier: Art. 5 I GG – zu messen; und folglich sind diejenigen, die in diesem Recht verletzt sind, gem. Art. 19 IV 1 GG, § 42 II VwGO rechtsweg- bzw. klagebefugt:
„Die durch den Mißbrauch Betroffenen werden so gestellt, als habe ein Mißbrauch nicht stattgefunden (Fiktion der adäquaten Rechtsform).“ [4]ebd., IX, s.a. ebd., 107: „Aus dem Mißbrauch folgt zunächst – das liegt bereits in der Definition [„falsche Interpretation“; s. Vorstehende FN 3] beschlossen –, daß die Rechtsausübung keine ist. Die angerufene Norm“ – im vorliegenden Fall: Art. 9 II GG – „deckt das Verhalten“ – im vorliegenden Fall: das Verfügen eines Medienverbotes – „nicht, der behauptete Titel steht nicht zur Verfügung. Der Subsumtionsversuch schlägt fehl; der ursprüngliche ‚Rechts‘anwender hat ‚ohne Recht‘ gehandelt: Dem erhobenen Anspruch“ – im vorliegenden Fall: das Postulat, daß linksunten.indymedia verboten sei und die URL linksunten.indymedia.org nicht mehr verwendet werden dürfe, etc. – „braucht niemand nachkommen“.
„An Stelle der ursprünglichen, fehlgeschlagenen Subsumtion“ – im vorliegenden Fall: Subsumtion von linksunten.indymedia unter Art. 9 II GG – „tritt die ‚richtige‘“ – im vorliegenden Fall: die Subsumtion von linksunten.indymedia unter Art. 5 I, II GG. „Jene [die falsche Subsumtion] wird korrigiert und durch diese [die richtige Subsumtion] ersetzt. Über die Rechtsfolge befindet demgemäß der in Wahrheit einschlägige Obersatz“[5]ebd., 109 f.: „Eine Zensur findet nicht statt“ (Art. 5 I 3 GG).
M.a.W.: Die Antwort auf die Frage, welche Rechte ein Verwaltungsakt verletzt, und damit die Antwort auf die Frage, welche Personen die Verletzung dieser Rechte (begründet) geltend machen können bzw. klagebefugt sind, hängt nicht davon ab, ob ihn die verfügende Behörde als „Vereinsverbot“ bezeichnet, sondern von dem verfügten tatsächlichen Inhalt des Verwaltungsaktes – hier: Verbot eines internet-Mediums – ab.
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Fußnoten
↑1 | „Das Verbot des vermeintlichen ‚Verein[s] ‚linksunten.indymedia‘ ist eine Falsch-Deklaration des Mediums als Verein, aber kein Verbot des HerausgeberInnen-Kreises von linksunten; s. dazu bereits S. 40 des Antrages vom 09.08.2019 ans BMI.“ |
↑2 | „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ |
↑3 | Vgl. Helmut Goerlich, „Formenmißbrauch“ und Kompetenzverständnis, Mohr (Siebeck): Tübingen, 1987, 109: „Das Grundgesetz läßt ein beliebiges Spiel mit der Form nicht zu. […]. Er [Der Formenmißbrauch] beruht in der Regel auf einem fehlerhaften Kompetenzverständnis.“ Der Mißbrauchs-Vorwurf ist hier also – im Anschluß an Christian Pestalozza (Formenmißbrauch des Staates, Beck: München, 1973, 106) (und anders als in der [noch] älteren Literatur, die den Vorwurf des Formenmißbrauchs vor allem gegen den parlamentarischen Gesetzgeber richtete [ebd., 9 – 21]) kein Vorwurf illegitimen Verhaltens (wobei der Maßstab des Legitimen ein überpositiver war), sondern hier bloß eine umgangssprachliche Umschreibung eines „Subsumtionsvorschlages und ‑fehlschlages“ (ebd., 106) – im vorliegenden Fall, also die Aufdeckung des Fehlers, Medien unter den Begriff „Verein“ zu subsumieren: „Das Mißbrauchs-Urteil deckt den Versuch des Mißbrauchenden auf, durch Sachverhalts- oder Normauslegung eine ihm günstige Subsumtion zu erreichen, und korrigiert ihn.“ (ebd., IX) / „im Grunde [geht] es nicht um mehr als falsche Interpretation und ihre Korrektur“ (ebd., 107). |
↑4 | ebd., IX, s.a. ebd., 107: „Aus dem Mißbrauch folgt zunächst – das liegt bereits in der Definition [„falsche Interpretation“; s. Vorstehende FN 3] beschlossen –, daß die Rechtsausübung keine ist. Die angerufene Norm“ – im vorliegenden Fall: Art. 9 II GG – „deckt das Verhalten“ – im vorliegenden Fall: das Verfügen eines Medienverbotes – „nicht, der behauptete Titel steht nicht zur Verfügung. Der Subsumtionsversuch schlägt fehl; der ursprüngliche ‚Rechts‘anwender hat ‚ohne Recht‘ gehandelt: Dem erhobenen Anspruch“ – im vorliegenden Fall: das Postulat, daß linksunten.indymedia verboten sei und die URL linksunten.indymedia.org nicht mehr verwendet werden dürfe, etc. – „braucht niemand nachkommen“. |
↑5 | ebd., 109 f. |